Pauperismus 4.0

Grün? Fair? Wir sollten als kritische Menschen bestimmte Themen zwar getrennt betrachten, jedoch nicht als getrennte sehen. Vor ein paar Tagen erschien ein reich bebilderter, eindrücklich geschriebener Artikel auf BBC-Future über die Naturzerstörung durch die weltweite Gier nach technischen Spielereien.

Der Giftsee bei Baotou, China auf (c) Google Maps. https://goo.gl/maps/M4XT8

Der Giftsee bei Baotou, China auf (c) Google Maps.

Der Autor besichtigte zusammen mit der Gestalter-Gruppe »Unknown Fields Division« die größte industrielle Siedlung in der Inneren Mongolei, Baotou (Buɣutu). Die weltweit größten Vorräte an Metallen der Seltenen Erden finden sich genau dort — also genau die Elemente, die der moderne Mensch so dringend für seine elektronischen Gadgets wie Tablets, Smartphones und dergleichen benötigt.

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FIfF fordert verbindliche EU-Regulierung zu Konfliktmineralien

FIfF e. V. – Pressemitteilung vom 03.12.2014

Seit Jahrzehnten spielt der Handel mit Mineralien, Edelsteinen und anderen Rohstoffen eine zentrale Rolle bei der Finanzierung bewaffneter Konflikte weltweit. Konfliktparteien in Ländern wie Afghanistan oder Zentralafrikanische Republik werden mit Erlösen aus dem internationalen Rohstoffhandel finanziert.

Europäische Firmen importieren eine große Menge an Rohstoffen für Handys oder Laptops aus eben diesen Konfliktgebieten, ohne dass Unternehmen offenlegen müssen, ob und inwiefern sie mit dem Kauf dieser Rohstoffe zur Finanzierung von Kriegen und Menschenrechtsverletzungen beitragen.

Die Europäische Kommission hat im März 2014 einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der verhindern soll, dass „Erträge aus dem Handel mit Mineralien zur Finanzierung bewaffneter Konflikte verwendet werden“. Dass die EU diesbezügliche Regelungen vorsieht ist zu begrüßen, denn ihr Einfluss ist groß: Fast ein Viertel des globalen Handels mit Zinn, Tantal, Wolfram und Gold entfällt auf die EU, letztes Jahr wurden 240 Millionen Handys und 100 Millionen Laptops in die EU importiert, die alle diese Rohstoffe enthalten.

„Der derzeit vorliegende Entwurf ist viel zu schwach. Er bezieht sich einerseits ausschließlich auf Direktimporteure der unter die Verordnung fallenden Mineralien, zum anderen handelt es sich nur um ein Modell der freiwilligen Selbstverpflichtung. Doch am 4.12.2014 gibt es die Möglichkeit diesen Entwurf zu stärken“ erklärt Sebastian Jekutsch, Sprecher der Arbeitsgruppe Faire Computer des Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung. Morgen findet eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für internationalen Handel zum Thema Konfliktmineralien in Brüssel statt.

FIfF fordert dass der Parlamentsausschuss Führungsqualitäten zeigt und den Entwurf stärkt: „Zurzeit sind die Unternehmen nicht verpflichtet sicherzustellen, dass die Erlöse aus dem Handel mit diesen Mineralien nicht in die falschen Hände geraten. Doch Unternehmen kommen ihrer Sorgfaltspflicht beim Bezug von Rohstoffen aus Konfliktgebieten nur dann nach, wenn sie gesetzlich dazu gezwungen werden. Verpflichtende Regeln sind daher unbedingt notwendig“, so Sebastian Jekutsch. „Zudem müssen auch Unternehmen Verantwortung übernehmen, deren Endprodukte diese Rohstoffe enthalten, nicht nur die Rohstoffimporteure“. Jekutsch fordert daher die politischen Entscheidungsträger in der EU zu einer wirksamen EU-Gesetzgebung auf, damit Unternehmen zu einer verantwortungsvollen Rohstoffbeschaffung verpflichtet werden.

Die USA ist im Vergleich zur EU in diesem Bereich Vorreiter. Zwar ist es zu begrüßen, dass die EU nicht nur den Handel in Zentralafrika regulieren will, dennoch ist das Dodd-Frank-Gesetz Absatz 1502 ein Meilenstein: Alle in den USA an der Börse notierten Unternehmen müssen veröffentlichen, ob diese Rohstoffe aus der Demokratischen Republik Kongo oder ihren Nachbarstaaten stammen und überprüfen lassen, ob die in ihren Produkten enthaltenen Mineralien einen Beitrag zur Finanzierung bewaffneter Gruppen in Zentralafrika leisten.

Committee action launch graphic

Konfliktmineralien: EU setzt auf Freiwilligkeit

Was eine „freiwillige Selbstverpflichtung“ ist war mir schon immer ein Rätsel. Nun scheint die EU-Kommission aber eben genau dies bei den Konfliktmineralien installieren zu wollen: Wer möchte darf sich verpflichten, keine Konfliktmineralien mehr zu beziehen und wird dafür auf eine öffentliche Positivliste gesetzt. Wer nicht möchte halt nicht.

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Fairphone: An unfulfilled promise

This is an English translation of the article Fairphone: Zu viel versprochen. Eine Bilanz by Sebastian Jekutsch. (Please note that this article is outdated.)

For over three years, I have been concerning myself with fair electronics and especially IT. I first noticed the Fairphone project near the end of 2010: A feel-good video directly from the Southern D.R. Congo’s mining areas, where the team bought a few bits of (purported) cobalt ore directly from the workers, and advertised this as the first step towards a fair mobile phone. It seemed pretty naïve. I noticed that there was not a single technician on the team, so that the whole thing seemed to be more of a marketing experiment than a serious hardware development project. And besides, how should one go about producing a fair phone if even a computer mouse can only be made partially fair?

But it was built! The phones have actually been manufactured, and we can take stock: How fair is the Fairphone?

I will be concentrating on three aspects that are especially important and concern the fairness of the product: the sourcing of raw materials, the working conditions in manufacturing, and transparency in general. I test these according to Fairphone’s two promises: that the Fairphone is “ethically sourced,” and that it “inspires the industry.”

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Fairphone: Zu viel versprochen. Eine Bilanz

(There is an English version of this here.)
(Bitte bedenken, dass dieser Artikel inzwischen veraltet ist.)

Seit gut drei Jahren beschäftige ich mich mit fairer Elektronik und IT im speziellen. Das Projekt von Fairphone ist mir Ende 2010 aufgefallen: Ein Gute-Laune-Video direkt aus Minengebieten des Südosten der D.R.Kongo, wo das Team ein paar Brocken (angeblich) Kobalterz direkt von den Arbeitern gekauft hat und das als ein erster Schritt in Richtung eines fairen Handys beworben wurde. Wirkte ziemlich naiv. Mir fiel auf, dass kein einziger Techniker im Team ist, dass das ganze wohl mehr ein Marketingexperiment zu sein schien denn eine ernst zu nehmende Hardwareentwicklung. Überhaupt: Wie soll man ein faires Handy herstellen, weil selbst eine Computermaus nur teil-fair werden kann?

Aber es wurde gebaut! Nun sind tatsächlich die Fairphones fertig und man kann Bilanz ziehen: Wie fair ist das Fairphone?

Ich konzentriere mich auf drei für die Fairness wichtigsten Aspekte: Rohstoffbeschaffung, Arbeitsbedingungen bei der Fertigung, Transparenz im allgemeinen. Geprüft werden diese anhand zwei Versprechen: Das Fairphone sei „ethically sourced“ und „inspires the industry“.

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