Betrifft: Faire Computer 3/2014

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Die Kolumne “Betrifft: Faire Computer” erscheint regelmäßig in der FIfF-Kommunikation. Es geht kurz und knapp um die News (die meist auch schon getwittert wurden unter @FaireComputer) in Sachen Faire IT / Elektronik des letzten Vierteljahres. Diese Ausgabe berichtet von Mitte Mai bis Mitte August 2014 und ist in der FIfF-Kommunikation 3/2014 erschienen. Auch frühere Ausgaben findet ihr hier im Blog.

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Konfliktfrei im Kongo: Ein Realitätscheck

Das aktuelle Dossier von Dominic Johnson (bekannt vielleicht als taz Auslandskorrespondent) vom Pole Institute mit dem Titel „No Kivu, no conflict? The misguided struggle against ‚conflict minerals‘ in the DRC“ ist eine wichtige Quelle, um ein wenig hinter die Kulissen der Konfliktfrei-Zertifizierung von Mineralien aus der Demokratischen Republik Kongo schauen zu können.

Abbau von Kassiterit und Wolframit in Kailo, einem Territorien der Provinz Maniema. Bild: Julien Harneis (CC-BY-SA)

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Samsung gibt Kinderarbeit zu, allerdings nur bei Zulieferer des Zulieferers

Die Umweltschutzorganisation „Friends of the Earth“ (FoE) hatte im November einen Bericht vorgelegt über die Zerstörungen beim Zinnabbau in Indonesien. Sie haben daraufhin eine Online-Kampagne gestartet mit automatisch versendeten Briefen an Apple und Samsung und der Aufforderung, die Herkunft ihres Zinns zu veröffentlichen.

Samsung hat tatsächlich geantwortet, in mitten 15.000 anderen auch mir, mit dem üblichen „Wir tun das Bestmögliche“-Geschreibse. FoE sind dabei nicht stehen geblieben: Sie demonstrierten vor Samsung-Konzerngebäuden und bei Chelsea-Spielen.

Und siehe da: Samsung hat nachgelegt und erklärt, dass es wahrscheinlich ist, dass ihre Geräte Zinn der Bankga-Inseln, Indonesien beinhaltet. Gemäß der Recherchen von FoE folgt daraus auch der Einsatz von Arbeitskräften unter 16 Jahre.

1:0 für Samsung schreibt FoE und fordert dazu auf, Apple weiterhin Briefe zu schreiben. Ich bin mir sicher, dass Apple kein Statement abgeben wird, das wäre nicht deren Stil.

Was heißt „Konfliktfreie Rohstoffe aus dem Kongo“ und wie fair ist das?

Nach meiner FairPhone-Zwischenstandsmeldung vor zwei Tagen kam von einem Kollegen die Frage, wie das denn gehen solle, Kongo und „konfliktfrei“. Berechtigte Frage! Die kurze Antwort ist „Man behauptet, dass es geht“, die ausführliche Antwort folgt, ist aber leider etwas länglich, sorry.

Lage im Ost-Kongo

In der Rohstoff-reichen Gegend des Ostens der Demokratischen Republik Kongo gibt es seit Jahren keine Staatsgewalt mehr. Mehr als ein Dutzend Milizen leben davon, von Ort zu Ort, auch von Mine zu Mine zu ziehen um sich mit Waffengewalt ein Leben zu sichern. Die Regierungsarmee ist zwar vor Ort, aber genauso machtlos wie korrupt. Die Rebellenorganisation M23 hatte Ende letzten Jahres sogar die Provinzhauptstadt Goma eingenommen, über die ein Großteil des Handels mit Coltan (Tantalerz), Kassiterit (Zinnerz) und Gold der Gegend läuft. Inzwischen ist sie wieder befreit, die M23 hat aber alles mitgehen lassen, was nicht festgenagelt war.

Der Kongo ist also mitnichten konfliktfrei. In der Regel verdienen Miltärs aller Art an den Rohstoffen, indem sie einfach die Abbauorte, Transport- und Handelswege sperren und unter Gewalt und Drohungen willkürlich Schürfgebühren und Wegezoll verlangen. Schon im Jahr 2000 hat eine UN-Kommission aufgedeckt, dass auf diese Weise durch den Rohstoffhandel der Bürgerkrieg am Leben gehalten wird.

Begriff „konfliktfrei“

Rohstoffe werden „konfliktfrei“ genannt, wenn keine militärische Partei daran Geld verdient hat. Das ist in den meisten Ländern der Welt der Fall, soll aber auch im Kongo möglich sein, denn es gibt Minen, die nicht kontrolliert werden und kontrollierte Handelswege.

Konfliktfreies aus dem Kongo

Es gibt seit 2010 ein Gesetz in den U.S.A. (Dodd-Frank Sec. 1502/1504), das Hersteller verpflichtet zu berichten, wenn in ihren Produkten Rohstoffe aus dem Ost-Kongo und angrenzenden Gebieten enthalten sind. Konfliktmineralien sind nicht verboten, man muss nur berichten, wenn man sie einsetzt.

Das entspricht praktisch einem Embargo. Offensichtlich scheint es trotz aller Probleme lohnenswert zu sein, Rohstoffe aus dem Kongo zu beziehen (wegen der Preise?…das weiß ich leider nicht) so dass sich nach Verabschiedung des Gesetzes einige Firmen um konfliktfreie Wege gekümmert haben. Die maßgeblichen Projekte sind „Solutions for Hope“ für Tantal und „Conflict Free Tin Initiative“ für Zinn, beide unter http://solutions-network.org zu finden. (Leider habe ich bislang auch nicht verstanden, wie die Konfliktfreiheit eigentlich nachgewiesen wird.)

Konfliktfrei versus Fair

Das Leben der Bevölkerung wäre ohne Militärpräsenz ein Besseres, keine Frage, so gesehen ist die Bevorzugung konfliktfreier Rohstoffe ein Aspekt der Fairness. Konfliktfreiheit impliziert aber nicht all die anderen Aspekte wie Löhne, Arbeitsbedingungen, Ächtung von Kinderarbeit, etc.

Das wichtigste Förderland für Tantal beispielsweise ist Australien. Es ist anzunehmen, dass es dort nicht nur konfliktfrei zugeht, sondern auch insgesamt fairer. Wenn man konfliktfreie Mineralien aus dem Kongo bezieht, dann macht man das (außer vermutlich wegen der Kosten, s.o.) aus einem entwicklungspolitischen Ansatz heraus, weil man der Region nämlich helfen möchte.

FairPhone versus NagerIT

Das FairPhone-Projekt hat genau das zum Ziel und nutzt die Wege des Solution-Netzwerks, mit der Folge im Zweifel gar nicht das Fairste einzukaufen was zu haben ist. NagerIT, das Projekt mit der teilfairen Maus, würde hingegen in Australien einkaufen. Allerdings: In der Maus ist gar kein Tantal drin. Das Zinn kommt Europa und aus unbekannter Herkunft, siehe http://www.nager-it.de/static/pdf/lieferkette.pdf

Literatur

  • Finnwatch & Swedwatch: From Congo with no Blood, 2012 (http://makeitfair.org/en/the-facts/news/from-congo-with-no-blood)
  • Enough Project: Conflict Minerals (http://www.enoughproject.org/conflict-minerals)