Obamas Gesetz

„Loi d’Obama“ wird der Dodd-Frank 1502 in der französisch sprechenden D.R. Kongo genannt. Entsprechend ist auch der Titel eines in Entstehung befindlichen Dokumentarfilmprojekts, das über die Folgen dieser Gesetzgebung aufklären soll: Obama’s Law. Zur Erinnerung: Das Gesetz verpflichtet US-börsennotierte Firmen, gewisse Rohstoffgeschäfte im Kongo öffentlich zu machen. Es hat viele Firmen abgeschreckt, überhaupt noch aus dem Kongo zu kaufen.

Die Dokumentation verspricht interessant zu werden.
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Konfliktfrei im Kongo: Ein Realitätscheck

Das aktuelle Dossier von Dominic Johnson (bekannt vielleicht als taz Auslandskorrespondent) vom Pole Institute mit dem Titel „No Kivu, no conflict? The misguided struggle against ‚conflict minerals‘ in the DRC“ ist eine wichtige Quelle, um ein wenig hinter die Kulissen der Konfliktfrei-Zertifizierung von Mineralien aus der Demokratischen Republik Kongo schauen zu können.

Abbau von Kassiterit und Wolframit in Kailo, einem Territorien der Provinz Maniema. Bild: Julien Harneis (CC-BY-SA)

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KongoPhone und Kinderarbeit

In einem aktuellen Artikel der c’t 8/2013 wird über FairPhone berichtet. Es gibt keine neue Information über das hinaus, was ich schon in einem früheren Beitrag berichtet hatte: Tantal und Zinn sind gesichert, Gold könnte kommen, für Kobalt und Wolfram soll ein Vertriebsweg gefunden werden. Es wird bestätigt, dass das Projekt vor allem die Machbarkeit demonstrieren soll und das eigentliche Ziel ist, die großen Hersteller zu bewegen. Verhandlungen mit einem Kontraktfertiger laufen noch. Ob der Termin im Oktober zu halten ist wird zum ersten Mal etwas bezweifelt.

Einige Rohstoffe sollen konfliktfrei aus dem Ostkongo kommen, um den Menschen dort zu helfen. Ausgesprochen wird aber zum ersten Mal klar: „Eine Konsequenz davon ist, dass Kinderarbeit in unserer Lieferkette steckt.“ Es wird Zeit für diese Offenheit, insbesondere da das Projekt sich einer „radikalen Transparenz“ verschrieben hat. Transparenz ist das eine, Aufklärung von Missverständnissen das andere. Viele Medienberichte sind deshalb deutlich zu euphorisch.

Um es klar zu sagen: Die D.R. Kongo hat die entsprechenden ILO-Arbeitsnormen in Sachen Kinderarbeit unterzeichnet. Der aktuell vorhandene Abbau von Erzen im Kongo ist daher nicht nur gefühlt unfair, sondern in vielen Fällen schlicht illegal, sei er konfliktfrei oder nicht.

Diese Erkenntnis schmälert nicht die Projektabsichten von FairPhone. Entwicklungszusammenarbeit agiert immer in diesen Widersprüchen.

Was heißt „Konfliktfreie Rohstoffe aus dem Kongo“ und wie fair ist das?

Nach meiner FairPhone-Zwischenstandsmeldung vor zwei Tagen kam von einem Kollegen die Frage, wie das denn gehen solle, Kongo und „konfliktfrei“. Berechtigte Frage! Die kurze Antwort ist „Man behauptet, dass es geht“, die ausführliche Antwort folgt, ist aber leider etwas länglich, sorry.

Lage im Ost-Kongo

In der Rohstoff-reichen Gegend des Ostens der Demokratischen Republik Kongo gibt es seit Jahren keine Staatsgewalt mehr. Mehr als ein Dutzend Milizen leben davon, von Ort zu Ort, auch von Mine zu Mine zu ziehen um sich mit Waffengewalt ein Leben zu sichern. Die Regierungsarmee ist zwar vor Ort, aber genauso machtlos wie korrupt. Die Rebellenorganisation M23 hatte Ende letzten Jahres sogar die Provinzhauptstadt Goma eingenommen, über die ein Großteil des Handels mit Coltan (Tantalerz), Kassiterit (Zinnerz) und Gold der Gegend läuft. Inzwischen ist sie wieder befreit, die M23 hat aber alles mitgehen lassen, was nicht festgenagelt war.

Der Kongo ist also mitnichten konfliktfrei. In der Regel verdienen Miltärs aller Art an den Rohstoffen, indem sie einfach die Abbauorte, Transport- und Handelswege sperren und unter Gewalt und Drohungen willkürlich Schürfgebühren und Wegezoll verlangen. Schon im Jahr 2000 hat eine UN-Kommission aufgedeckt, dass auf diese Weise durch den Rohstoffhandel der Bürgerkrieg am Leben gehalten wird.

Begriff „konfliktfrei“

Rohstoffe werden „konfliktfrei“ genannt, wenn keine militärische Partei daran Geld verdient hat. Das ist in den meisten Ländern der Welt der Fall, soll aber auch im Kongo möglich sein, denn es gibt Minen, die nicht kontrolliert werden und kontrollierte Handelswege.

Konfliktfreies aus dem Kongo

Es gibt seit 2010 ein Gesetz in den U.S.A. (Dodd-Frank Sec. 1502/1504), das Hersteller verpflichtet zu berichten, wenn in ihren Produkten Rohstoffe aus dem Ost-Kongo und angrenzenden Gebieten enthalten sind. Konfliktmineralien sind nicht verboten, man muss nur berichten, wenn man sie einsetzt.

Das entspricht praktisch einem Embargo. Offensichtlich scheint es trotz aller Probleme lohnenswert zu sein, Rohstoffe aus dem Kongo zu beziehen (wegen der Preise?…das weiß ich leider nicht) so dass sich nach Verabschiedung des Gesetzes einige Firmen um konfliktfreie Wege gekümmert haben. Die maßgeblichen Projekte sind „Solutions for Hope“ für Tantal und „Conflict Free Tin Initiative“ für Zinn, beide unter http://solutions-network.org zu finden. (Leider habe ich bislang auch nicht verstanden, wie die Konfliktfreiheit eigentlich nachgewiesen wird.)

Konfliktfrei versus Fair

Das Leben der Bevölkerung wäre ohne Militärpräsenz ein Besseres, keine Frage, so gesehen ist die Bevorzugung konfliktfreier Rohstoffe ein Aspekt der Fairness. Konfliktfreiheit impliziert aber nicht all die anderen Aspekte wie Löhne, Arbeitsbedingungen, Ächtung von Kinderarbeit, etc.

Das wichtigste Förderland für Tantal beispielsweise ist Australien. Es ist anzunehmen, dass es dort nicht nur konfliktfrei zugeht, sondern auch insgesamt fairer. Wenn man konfliktfreie Mineralien aus dem Kongo bezieht, dann macht man das (außer vermutlich wegen der Kosten, s.o.) aus einem entwicklungspolitischen Ansatz heraus, weil man der Region nämlich helfen möchte.

FairPhone versus NagerIT

Das FairPhone-Projekt hat genau das zum Ziel und nutzt die Wege des Solution-Netzwerks, mit der Folge im Zweifel gar nicht das Fairste einzukaufen was zu haben ist. NagerIT, das Projekt mit der teilfairen Maus, würde hingegen in Australien einkaufen. Allerdings: In der Maus ist gar kein Tantal drin. Das Zinn kommt Europa und aus unbekannter Herkunft, siehe http://www.nager-it.de/static/pdf/lieferkette.pdf

Literatur

  • Finnwatch & Swedwatch: From Congo with no Blood, 2012 (http://makeitfair.org/en/the-facts/news/from-congo-with-no-blood)
  • Enough Project: Conflict Minerals (http://www.enoughproject.org/conflict-minerals)

Firmenranking zu Konfliktmineralien

Firmenrankings im Bereich Fairer Elektronik sind selten, weil die Informationen dafür meist nicht ausreichen.Das Enough Project aus den USA ist seit vielen Jahren bekannt für ihre Berichte aus Zentralafrika (u.a. ziemlich prominente – sprich: George Clooney – Öffentlichkeitsarbeit zu Darfur und Südsudan) und daher wohl in der Tat informiert genug, ein Ranking von IT-Firmen in Sachen Konfliktmineralien zu machen.

Das aktuelle Rankingergebnis wurde als Bild veröffentlicht, wozu es auch eine Pressemitteilung inkl. Link zum Bericht gab.

Es gab schon 2010 ein solches Ranking. Fast alle Firmen haben Fortschritte gemacht, vor allem wegen des Dodd-Frank-Acts aus den USA, ein Gesetz, das die Firmen verpflichtet ihre Rohstoffgeschäfte in D.R. Kongo und Nachbarländern zu veröffentlichen. Firmen wie Sandisk haben erstmals reagiert. Wie gewohnt ist HP wieder oben an und Apple hält sich in der oberen Mitte. Selbst IBM bewegt sich.

Die gute Nachricht ist auch, dass mit Intel ein wichtiger Komponentenhersteller das Ranking anführt. Allerdings liegt Samsung, ebenfalls wichtiger Chiplieferant, wie gewohnt nur im Mittelfeld.

Nitendo, in dem Ranking auf dem letzten Platz schlicht und einfach weil die Firma keinerlei Informationen bereitgestellt hat, hat pauschal reagiert, laut Enough Project aber unglaubwürdig. In der Quelle findet ihr auch eine Mitmachmöglichkeit für einen Online-Protest.

Wer in aller Kürze mehr über Konfliktmineralien und Dodd-Frank-Act wissen möchte, kann ein neues Schaubild zu Rate ziehen.

Im Bereich der Rohstoffe aus dem Kongo passiert derzeit wirklich viel.