Samsungs bittere Entschuldigung

samsung_logoWir berichteten schon 2012 von der „Akte Samsung“, fortlaufend auch in unserer Kolumne und letztes Jahr mittels einem erschreckenden Erfahrungsbricht eines Opfers über die gehäuften Krebserkrankungen in Samsungs Halbleiter- und Display-Fabriken. Die Opferorganisation SHARPS sammelt seit nun 8 Jahren Informationen und fordert Änderungen. Ein Spiel- und ein Dokumentarfilm sind entstanden und haben Samsungs Verhalten in die breite Öffentlichkeit gebracht. Im vergangenen Jahr gab es schließlich eine Entschuldigung des Konzerns… und seitdem nur bittere Enttäuschung. Hier die jüngsten Entwicklungen:

Bis Oktober zählte SHARPS 297 erkrankte Samsung-Mitarbeiter, wovon 109 schon gestorben seien. Ein genauer Nachweis, ob die Krankheiten – meist diverse Krebsarten – tatsächlich berufsbedingt sind, ist schwer zu erbringen. Auffallend sind die Cluster in verschiedenen Fertigungslinien, außerdem gibt es Erfahrungen aus der Vergangenheit bei IBM im Silicon Valley, National Semiconductor in Schottland und RCA in Taiwan. Viele Nachweisversuche scheitern aber an der Geheimhaltungstaktik der Fabriken; es seien Geschäftsgeheimnisse betroffen, heißt es aus den Zentralen.

Das Süd-Koreanische Gesetz verlangt, Entschädigungszahlungen bei der staatlichen Behörde KCOMWEL zu beantragen, an die alle Firmen Pflichteinzahlungen zu leisten haben. Von bislang 56 Anträgen wurden aber bislang nur drei bewilligt, 24 abgelehnt und 28 sind noch nicht entschieden. 12 Opfer haben dagegen geklagt, in einem Fall hat das Gericht dem Opfer stattgegeben.

Acht Jahre nach dem ersten bekannt gewordenen Tod, dem der ehemaligen Mitarbeiterin Hwang Yu-mi, deren Vater die erfolgreiche Klage gestellt hatte, entschuldigte sich Samsung tatsächlich im Mai 2014 öffentlich, nicht aber für gefährliche Arbeitsbedingungen, sondern dafür erkrankte ehemalige Mitarbeiter nicht finanziell unterstützt zu haben. Ein Schuldeingeständnis war damit nicht verbunden. Es wurde immerhin vorgeschlagen, ein Komittee zu gründen, um Unterstützungszahlungen zu organisieren. Samsung gerierte sich als Wohltäter.

„It’s not about the money“, sagt der Vater von Yu-mi, Hwang Sang-ki, aktiv für SHARPS: „I want Samsung to acknowledge that there were safety issues and their promise that this won’t happen again.“

Another Promise

Die verfilmte Geschichte von Mr. Hwang und seiner Tochter. Hier das Filmplakat mit dem ursprünglich angedachten Titel: Another Family, in Anspielung an eine Werbekampagne von Samsung.

Im August 2014 allerdings spalteten sich sechs Familien von SHARPS ab und begannen eigene Verhandlungen mit Samsung. Dieses „Familiy Settlement Commitee“ war fortan der einzige von Samsung akzeptierte Gesprächspartner. Einziger Gesprächsinhalt waren Kompensationszahlungen. Laut Medienberichten gingen im September schon erste Zahlungen raus. Dennoch einigten sich die Familien und Samsung auf ein „Mediation Committee“, welches weitergehende Empfehlungen ausarbeiten sollten. Dem schloss sich im Dezember SHARPS wieder an, obwohl nur ein Teil ihrer Forderungen verhandelt wurden.

Im Juli 2015 schließlich empfahl das Mediation Committee nicht nur, dass Samsung umgerechnet knapp 80 Millionen Euro in einen unabhängigen Fonds zahlen soll, der die Kompensationszahlungen verwaltet gemäß einer Klassifizierung der Krankheiten und dem Zusammenhang mit der Arbeit der Person, sondern auch, einen Ombudsmann zu installieren, um Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen herbeizuführen.

Empire of Shame

Viele Arbeiter/innen sind stolz, bei dem großen Konzern Samsung zu arbeiten. Filmstill aus der Dokumentation „Empire of Shame“ über SHARPS und die Krebsfälle bei Samsung.

Am 3. August jedoch installierte Samsung eigenmächtig ein eigenes „Compensation Committee“, deren Mitglieder die Opfer nur unzureichend repräsentieren, und startete eine Registrierung zur Zuteilung von Zahlungen, die nicht alle Empfehlungen des Mediation Commitees umsetzen. Dennoch haben schon wenige Tage danach 61 Opfer Gelder beantragt.

Völlig verwirrend ist, dass vor wenigen Tagen gemeldet wurde, Samsung hätte 30 weitere Opfer auf anderem Weg entschädigt, gemeinsam mit der Zusicherung, dass diese alle weiteren möglichen Ansprüche an Samsung fallen lassen.

SHARPS bat um Hilfe. Weltweiter Protest äußerte sich in einem über 10.000 mal unterzeichneten Brief, u.a. Noam Chomsky unterzeichnet hat, in dem Samsung aufgerufen wird, die Empfehlungen des Mediation Committees umzusetzen. Am 7. Oktober wurde vor dem Samsung Headquarter in Seoul ein Sit-In gestartet, dessen Entwicklung man in Twitter unter #OccupySamsung beobachten kann.

Einer neuen Diskussion über zukünftige Präventionsmaßnahmen hat Samsung seitdem eine Absage erteilt. Die Gespräche mit SHAPRS und den anderen Familien liegen wieder auf Eis. Samsung scheint die Mediation verlassen zu haben.

Samsung hat nie um Entschuldigung gebeten.
Samsung hat sich einfach selbst entschuldigt.

 

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