Apples Zulieferbericht 2013

Apple hat – wie jedes Jahr um diese Zeit – einen Nachhaltigkeitsbericht über seine Zulieferer veröffentlicht, seit den Foxconn-Selbstmorden mit deutlichem Fokus auf die Arbeitsbedingungen.Apple berichtet darin mit viel Selbstlob von ihren eigenen Audits (Untersuchungen vor Ort) und den Ermittlungsergebnissen in 2012. Sie umfassten Fertigungsbetriebe, aber auch Komponentenhersteller, knapp 400 Besuche insgesamt. Laut Apple wurden Arbeiter auch außerhalb der Arbeitsstätte interviewt; die meisten Firmenbesuche dürften aber angekündigt gewesen sein.

Arbeitszeiten

Apple schafft es zunehmend, die Arbeitszeiten auf unter 60 Stunden pro Woche zu drücken, siehe den veröffentlichten Kurvenverlauf. Auffallend ist jedoch, dass gerade zum Zeitpunkt der iPhone 5 Verkäufe die Kurve nach unten ging, siehe auch die Analyse an anderer Stelle. Apple selbst gibt sich als Beobachter, hat aber vermutlich selbst mehr Einfluss als offen eingestanden.60-Stunden-Wochen sind in China gesetzlich möglich, dürfen aber nicht die Regel sein, weil in die Rechnung Überstunden einfließen. Regelarbeitszeit ist 40-Stunden. Es wird oft argumentiert, dass die Arbeitnehmer ja selbst gerne Überstunden machen möchten. Das stimmt, denn sie benötigen das Geld um um die Runden zu kommen. Ursache ist also das geringe Gehalt, eine Legitimation für die Überstunden daraus abzuleiten ist eine Frechheit.Über den Stundenlohn steht in Apples Bericht kein Wort, lediglich über Überstunden- und Nachtzuschläge, die kontrolliert und wohl hier und da korrigiert wurden.

Leiharbeit

Von Leiharbeitern wird oft eine Vermittlungsgebühr von mehreren Monatslöhnen verlangt. Da es sich oft um Wanderarbeiter handelt, schaffen sie es erst nach vielen Monaten, genug Geld zusammen zu haben um mal nach Hause fahren zu können. Apple sorgte dafür, dass viele dieser illegalen Gebühren zurückgezahlt wurden. Das ist einzigartig und sehr lobenswert.

Beschäftigung Minderjähriger

Es gab einen Fall von Beschäftigung Minderjähriger (d.i. unter 15 Jahre) größeren Umfangs. Apple hat die Vertragsbeziehung gekündigt. Leider hat die wenigen Agenturmeldungen vor allem diese Neuigkeit geprägt.In mehreren Firmen war die Arbeit dem Alter nicht angemessen. Die Beschäftigung von Schulpraktikanten soll 2013 genauer beobachtet werden.

Arbeitsschutz

Apple hat hier Detailverbesserungen erreicht, Schutzkleidung, Fluchtwege, Umgang mit gefährlichen Substanzen.

Konfliktmineralien

Einsatz konfliktfreier Mineralien bedeutet, dass keine bewaffneten Konflikte durch den Kauf von Rohstoffen finanziert werden. In aller Regel bezieht sich die Forderung auf die D.R.Kongo und Nachbarländer und auf die Stoffe Gold, Zinn, Tantal und Wolfram. Ein U.S.-amerikanisches Gesetz verlangt eine Veröffentlichung von Geschäften dieser Art.Apple behauptet, dass alle 211 Tantallieferanten die Konfliktfreiheit nachweisen können. Apple kündigt an, dass in Zukunft („we will“) dies für alle vier Stoffe verlangt wird, sobald eine Zertifizierung vorliegt. Beim Zinn ist dies schon der Fall, bei Gold auch, bei Wolfram weiß ich es nicht.Diese Ankündigung ist interessant. Hoffentlich kommen noch mehr Informationen dazu.

Transparenz

Wie immer veröffentlichte Apple keine Namen. Dennoch ist Apple transparenter als die meisten der Mitbewerber. Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die weltweiten, schlechten Berichte über Apple-Zulieferer etwas bewegt haben. Apple ist langsam unterwegs, aber auf einem guten Weg.Die ganze IT-Szene ist aber auf eher niedrigem Niveau, das darf man nicht vergessen. Vor einigen Jahren war der Sportartikelhersteller Nike ähnlicher Kritik ausgesetzt wie Apple. Auch Nike hat reagiert. Allein die Veröffentlichung der Zulieferbetriebe ist um einiges ausführlicher und hilfreicher als die von Apple.

Neues zum FairPhone

Zum Projekt FairPhone gibt es wieder Neuigkeiten: Spiegel-Online veröffentlicht eine Zusammenfassung des Projekts basierend vermutlich auf einigen Interviews, u.a. mit dem Projektleiter Bas van Abel.Die für mich bislang neuen Erkenntnisse:

  1. Es soll mit Fairgold (Zertifizierung von Fair-Trade-Gold) zusammengearbeitet werden.
  2. Es soll Tantal (gewonnen aus Coltan) aus zertifizierten Minen eingesetzt werden.
  3. Die Kondensatoren sollen in einer tschechischen Fabrik gebaut werden.
  4. Es soll ein chinesischer Original Design Manufacturer (ODM) eingeschaltet werden, der nicht nur produzieren, sondern auch entwickeln/designen kann.

Bestätigt wird der Plan, zertifiziertes Zinn einzusetzen. Gar nicht mehr ist die Rede von dem alten Plan, Kobalt konfliktfrei zu beschaffen. Auch wird als Vertriebspartner zwar weiterhin Vodafone und KPN (sozusagen die niederländische Telekom), der Hersteller des Geräts ist unklar. Hier waren mal Geeksphone und Openmoko im Gespräch.

Details zu den Neuigkeiten:

  1. Das Gold müssten vermutlich die Komponentenhersteller, vermutlich die Leiterplatinenhersteller, evtl. auch die Fertiger einsetzen. Das ist viel Aufwand für ein kleines Projekt wie dieses
  2. Es gibt vielversprechende Ansätze, ähnlich wie beim Zinn auch konfliktfreies Tantal aus dem Kongo zu beziehen. Anders als im Artikel behauptet ist Kongo zwar ein großer Tantal-Lieferant, der größte ist aber Australien, wo zumindest Konfliktfreiheit zu erwarten ist. Ist halt teurer, aber worum nicht das einsetzen? Aber vielleicht meinen sie das sogar.
  3. Tantal steckt in Elektrolytkondensatoren. Diese tschechische Firma wird dann dieses Tantal wohl einsetzen. Zum Vergleich: Die teilfaire Maus lässt die Elkos in der BRD herstellen, das Tantal kommt aus ungeklärten Quellen.
  4. Ein allgemeiner Verweis auf einen ODM bleibt leider ohne Aussage. Würden lediglich bekannte Geräte mit „faireren“ Komponenten ausgestattet bräuchte man nach meinem Verständnis aber keinen ODM.

Etwas irritierend: Mit jedem neuen Interview, das irgendjemand mit den FairPhone-Projektleuten führt, werden ganz neue Pläne öffentlich. Auf ihrer Website oder Facebookauftritt werden die Sachen nie erwähnt. Vielleicht sind es doch eher Ideen als konkrete Kooperationen?

Es bleibt spannend!

Betrifft: Faire Computer 1/2013

Logo_simpel„Betrifft: Faire Computer“ ist eine Kolumne, die regelmäßig in der FIfF-Kommunikation erscheint. Sie fasst die Ereignisse der letzten 3 Monate kurz und knapp zusammen. Diese hier erschien in der Ausgabe 1/2013 und deckt die Monate September 2012 bis Dezember 2012 ab. Der Text ist auch als PDF erhältlich. Wen Quellennachweise interessieren, der schreibe eine Mail an fairit @ fiff .de

Weiterlesen

Frei verfügbare Dokus zum Thema „Faire Computer“

Falls das TV-Programm mal wieder mau ist, bei der Videothek die besten Filme schon ausgeliehen waren, oder wenn ihr schlicht auch so Doku-Junkies seid wie ich: Hier ist meine Best-of-Liste von Dokumentationen zum Thema „Faire Computer“, alle mehr oder weniger legal und hochauflösend frei im Netz verfügbar.

Bergbau

Trotz des martialischen Titels und der Anmoderation („Reich der Finsternis“ und so) ist die Dokumentation „Sklavenarbeit für unseren Fortschritt“ (45 min.) eine wirklich gute und breite Zusammenfassung zum Thema unfaire Rohstoffgewinnung für Elektroartikel. Es stellt die Bedingungen der Wofram-, Gold- und Zinn-Extraktion in verschiedenen Ländern vor, besucht die BGR mit ihrem „geologischen Fingerabdruck“, thematisiert den Dodd-Frank-Act aus den USA und führt auch ins sogenannte Urban-Mining ein.

Der Film „Blood in the mobile“ wurde, um etwa die Hälfte gekürzt, vor inzwischen zwei Jahren im WDR gezeigt. Auf YouTube ist diese Version zu sehen (42 min.). Thema sind die Konfliktmineralien, d.h.. Der Autor fährt in die D.R. Kongo und filmt bis hinunter in den Stollen (Kassiterit = Zinnerz). Nachher stellt er die Manager von Nokia zur Rede. Wohl der bekannteste Film zum Thema, lief sogar im Kino. In ganzer Länge ist das Werk nur noch als DVD zu bekommen.

Fertigung

Es gibt nur wenig Bilder und praktisch keine Videos, die die Verhältnisse in den Fertigungsbetrieben dokumentieren, weil in diesen Firmen sämtliche Handys, Kameras, etc. verboten sind und streng kontrolliert wird. So findet man lediglich einige Kurzbeiträge aus politischen Sendungen (vor allem über Apple + Foxconn), aber keine längere Dokumentation, die irgendwie unabhängig genannt werden kann.

Interessant ist aber auf jeden Fall die Doku über Debby Chan (30 min., engl.), ehemalige Aktivistin bei SACOM, die wesentlich dazu beigetragen haben die Verhältnisse bei Foxconn bekannt zu machen. Sie waren es auch, die von vorneherein Apple angegriffen haben, obschon Foxconn für nahezu jede namhafte Marke arbeitet. Ergänzend kann man sich Sacoms „The Truth of the Apple iPad Behind Foxconn’s Lies“ (6 min., engl.) anschauen über den Bau einer neuen Fabrik inmitten Chinas anlässlich der Fertigung des ersten iPads.

Vor allem über die Fertigung berichtet „Digitale Handarbeit“ (28 min.), eine gemütliche Kurzdoku von Weed, vermutlich aus dem Jahr 2008, vom inzwischen beendeten Projekt PC-Global. Am Ende dieses Films leitet es schon zum nächsten Thema…

Entsorgung

Aus Indien berichtet „Gnadenlos billig“ (30 min.), welches (etwas unvermittelt beginnend) in 3 Teilen (Teil 2, Teil 3) bei YouTube vorliegt. Es ist eine Doku vom europäischen MakeITfair-Projekt. Am Anfang geht es um die Fertigung, in der Mitte über unser Recyclingsystem, vor allem im dritten Teil sieht man dann die schwer erträglichen Umstände, wie in Hinterhöfen aus Elektroschrott Metalle zurückgewonnen werden.

Es gibt sehr viele Berichte über den illegalen Elektroschrott in Ghana, da vor allem aus Europa dort hin verschifft wird. Eine großartige Dokumentation dazu ist „Toxic City“ (45 min.). Der Autor recherchiert investigativ und zeigt sauber die Wege auf, wie es zu all dem kommt, beginnend in Hamburg, endend in „Sodom und Gomorra“.

Firmenranking zu Konfliktmineralien

Firmenrankings im Bereich Fairer Elektronik sind selten, weil die Informationen dafür meist nicht ausreichen.Das Enough Project aus den USA ist seit vielen Jahren bekannt für ihre Berichte aus Zentralafrika (u.a. ziemlich prominente – sprich: George Clooney – Öffentlichkeitsarbeit zu Darfur und Südsudan) und daher wohl in der Tat informiert genug, ein Ranking von IT-Firmen in Sachen Konfliktmineralien zu machen.

Das aktuelle Rankingergebnis wurde als Bild veröffentlicht, wozu es auch eine Pressemitteilung inkl. Link zum Bericht gab.

Es gab schon 2010 ein solches Ranking. Fast alle Firmen haben Fortschritte gemacht, vor allem wegen des Dodd-Frank-Acts aus den USA, ein Gesetz, das die Firmen verpflichtet ihre Rohstoffgeschäfte in D.R. Kongo und Nachbarländern zu veröffentlichen. Firmen wie Sandisk haben erstmals reagiert. Wie gewohnt ist HP wieder oben an und Apple hält sich in der oberen Mitte. Selbst IBM bewegt sich.

Die gute Nachricht ist auch, dass mit Intel ein wichtiger Komponentenhersteller das Ranking anführt. Allerdings liegt Samsung, ebenfalls wichtiger Chiplieferant, wie gewohnt nur im Mittelfeld.

Nitendo, in dem Ranking auf dem letzten Platz schlicht und einfach weil die Firma keinerlei Informationen bereitgestellt hat, hat pauschal reagiert, laut Enough Project aber unglaubwürdig. In der Quelle findet ihr auch eine Mitmachmöglichkeit für einen Online-Protest.

Wer in aller Kürze mehr über Konfliktmineralien und Dodd-Frank-Act wissen möchte, kann ein neues Schaubild zu Rate ziehen.

Im Bereich der Rohstoffe aus dem Kongo passiert derzeit wirklich viel.