Mit Informationen zum Fertiger Jabil Circuit
Ja, warum nicht gleich mit einer Variablen in der Modellnummerierung beginnen wie bei Motorolas X (das in Europa nicht erhältlich ist)? Apple wird hingegen heute wohl nur eine Variante ihres jüngsten Modells bringen, 5C genannt (das wohl vor allem für den chinesischen Markt vorgesehen ist), übrigens nicht zu verwechseln mit dem nie erschienenen iPhone 4CF. Das CF-Kürzel würde hingegen ganz gut zum FairPhone (in den U.S.A. und China vermutlich komplett unbekannt) passen, bei dem ich in Erwartung eines längeren Strebens zu mehr Fairness eine Nummerierung einfach mal begonnen habe.
Wie auch immer, zu allen dreien gibt es Berichtenswertes.
FairPhone in fairem Zeitverzug
Zwei Entwicklungsprototypen des FairPhone sollen schon existieren und dienen der rechtlich notwendigen Zertifizierung. Insgesamt zieht sich die Entwicklung in die Länge, so dass die Käufer es erst im Dezember in der Hand halten werden. Das verlangt den Gläubigern – viele Kunden haben schon im Mai geordert und bezahlt – nun doch einiges ab.
Dennoch ist dies eine gute Nachricht: Jeder andere Hersteller würde den Zeitdruck an die Lieferanten weitergeben, diese wiederum an ihre Arbeiter…der typische Mechanismus, der bei den Foxconns dieser Welt zu verpflichtenden Überstunden, Kurzfristverträgen und erhöhtem Arbeitspensum führt. Wir sollten uns daran erinnern, dass es letztlich die Apples dieser Welt sind, die diesen Druck erzeugen. Danke an dieser Stelle an die Toleranz der FairPhone-Käufer, deren altes Handy hoffentlich noch etwas durchhält.
Bei FairPhones Kontraktfertiger A’Hong soll es unabhängige Audits gegeben haben, deren Ergebnisse in Kürze veröffentlicht werden sollen, vermutlich sogar inklusive Filmmaterial. FairPhone hat schließlich Transparenz versprochen. Was aber, wenn die Erkenntnisse enttäuschend sind? Die FairPhone-Macher haben wohl kaum die Chance, wegen schlechter Arbeitsbedingungen den Zulieferer zu wechseln, obwohl gerade sie es müssten. Wir ahnen die Grenzen dieses kleinen Projekts.
Es wurde auch versprochen, 2 Euro pro Gerät in einen Fond zur Unterstützung der Arbeiter oder ihrer gewerkschaftlichen Vertretung zu zahlen. Auch hier ist noch nichts in trockenen Tüchern, und die Etablierung dürfte viel Arbeit machen. Ebenso wie die Transparenzversprechen; eine zum Ende August angepeilte Veröffentlichung der detaillierten Zulieferkette – bekannt etwa von NagerIT – inkl. Kostenaufstellung liegt noch nicht vor.
All die Vorarbeit soll sich lohnen, daher sollen nun sogar 25000 verkauft werden. Das gäbe das nötige Polster für ein FairPhone 2.
Apple erneut unter Anklage
China Labor Watch (CLW) hat einen neuen Bericht veröffentlicht, diesmal über das Werk in Wuxi/China von Apples Zulieferer Jabil Circuit, der scheinbar den Auftrag zur Fertigung des bunten iPhone 5C Modells bekommen hat. Einige der Erkenntnisse:
- Verbotene Schwangerschaftsuntersuchungen bei Einstellung.
- Ein höherer Anteil an Zeitarbeitern als gesetzlich erlaubt.
- 11 Stunden Schichten im Stehen. Bis zu 66 Arbeitsstunden pro Woche, was mehr ist als Apple und Jabils Mitgliedschaft im EICC erlauben. Monatlich über 100 unbezahlte Stunden.
- Mal wieder Betrugsverdacht: „Potential audit fraud–daily factory attendance records display workers‘ working hours as an hour less than their real working hours.“
„Nichts Neues“ behauptet wiederholt ein Kommentator bei Forbes. Interessante Sichtweise, es scheint wohl schon allgemein akzeptiert zu sein, dass Apple seine eigenen Nachhaltigkeitskriterien nicht durchsetzt. Ähnlich wie bei Pegatron widersprechen auch bei Jabil CLWs Erkenntnisse denen von Apple. In einer Stellungnahme erwähnt Apple drei Audits in den letzten drei Jahren in dem kritisierten Werk durchgeführt zu haben, die jedoch zu wenig Beanstandungen Anlass gaben. Jabil hat versprochen, den Vorwürfen nachzugehen.
2010 gab es schon einen kritischen Bericht über „Gefängnis-ähnliche Verhältnisse“ bei Jabil Circuit. Es handelte sich um ein anderes Werk in China, aber es ist auffallend wie sich die Anschludigungen ähneln. Aber man erkennt Fortschritte, z.B. wurde damals von 12-Stunden-Schichten im Stehen berichtet und es wurden sogar unglaubliche 84-Stunden-Wochen beobachtet. Ähhh… Fortschritt?
Selbstverständlich arbeitet auch Jabil nicht nur für Apple, sondern für viele namhafte Markenhersteller.
Homeshoring bei Google
CLW kritisiert insbesondere, dass Jabil eine Firma mit Sitz in den U.S.A. ist und trotzdem keine anderen Arbeitsbedingungen vorzufinden sind.
So gesehen ist das Vorgehen von Motorola (Google) mit Vorsicht zu genießen. Das neue Modell Moto X wird in Texas zusammengeschraubt. In den U.S.A. ist dieser Patriotismus gut angesehen. Deren Obama hatte damals mit Apples Jobs geredet, ob nicht wieder in den Staaten gefertigt werden könnte, was dieser mit einem „nie wieder“ entgegnete.
Nicht schlimm: Die Fertigungskosten etwa eines iPads sind so gering, so dass man sich wundert, warum ein Offshoring nach China überhaupt so viel bringen soll. Dem hinterher zu rennen lohnt sich laut einer 1,8% bei der IT-Fertigung eh nicht; Entwicklungs-, Marketing- und andere Umsätze landen sowieso in den U.S.A. „Although hard facts are scarce, we estimate that only $10 or less in direct labor wages that go into an iPhone or iPad is paid to China workers.“ Es sind vermutlich weniger die Kosten, sondern die Flexibilität der Arbeiter, die eine Auftragsvergabe in ärmere Länder nahelegt.
Selbst wenn der Wille da ist: FairPhone hatte damals schlicht keinen Fertiger in Europa gefunden. Und man sollte anerkennen: Das Offshoring der Handyfertigung hat in China und anderswo einen gewissen Wohlstand gebracht. Da bin ich dann doch einer Meinung mit o.g. Forbes-Kommentator. Der Wohlstand ist aber geringer als möglich und nicht fair verteilt.