Das ABC in Sachen Samsung: Klagen gegen den Konzern

Ich bedauere es ja, dass Samsung nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die Apple bekommt… ich meine im kritischen „Wir wollen fair hergestellte Geräte!“-Sinn. Die deutsche Version der Technology Review hat zwar jüngst in einem Artikel wenig positiv über den Führungsstil und Wettbewerbsstil des Konzerns berichtet, aber das gab es schon an anderer Stelle. Neue Enthüllungsberichte gibt es derzeit nicht. Dennoch greifen langsam die Gegenstrategien

A) Klage gegen Samsung in Frankreich

Drei Organisationen aus Frankreich haben Samsung verklagt wegen Nichteinhaltung der in den eigenen Verhaltenskodizes veröffentlichten Richtlinien. Die Organisationen beziehen sich dabei auf die Entdeckungen von China Labor Watch, dass in Auftrags- und Samsung-eigenen Firmen Kinder beschäftigt werden, während Samsungs „Sustainability Report 2012“ dies klar untersagt: „Samsung Electronics abides by all labor and human rights laws in each region it operates and strictly enforces a ban on child labor“. Die Klage wurde Ende Februar eingereicht, von dessen Fortgang weiß ich nichts. Samsung bestreitet die Kinderarbeitsvorwürfe.

B) Erste Gepräche mit Menschenrechtlern von SHARPS

SHARPS ist die Organisation von Samsung-Opfern, die die Krebsfälle dokumentiert, veröffentlicht und Klage gegen Nichtzahlung von Entschädigungen eingereicht hat. Die staatliche Entschädigungsstelle für einige Opfern hat schon letztes Jahr erstmals Zahlungen angewiesen. Weitere Klagen sind noch anhängig. Gleichzeitig scheint inzwischen ein Dialog begonnen zu haben zwischen Samsung und SHARPS. Auf Nachfrage schrieb mir Dr. Kong von SHARPS, dass zwei Termie stattfanden. Kong hatte den Eindruck, dass Samsung die Fälle aus den Medien haben möchte, indem die Firma selbst Entschädigungen zahlen will. Die Opferfamilien möchten aber die Öffentlichkeit und führen die Klagen weiter.

C) Investorenwarnung

Laut einer Beurteilung von MSCI, einer Investmentberatung, wird Samsung als besonders gefährdet angesehen, wegen Verfehlungen im Umwelt- und Sozialbereich bei zunehmend kritischen Beobachtung Imageschaden zu erleiden: „We believe Samsung is not adequately prepared for the level of scrutiny it is starting to feel“. Wegen des schlechten Management rangiert es noch unter Apple, wie folgende Grafik von MCSI zeigt.

ABC

Vielleicht ist dies ja der eigentlich wichtige bei Anti-Sweatshop-Kampagnen? Die Financial Times (diesmal nicht die eh nicht mehr existierende deutsche Version) jedenfalls klagt über Samsungs Verhalten. Weil A oder B könnte C passieren. Vielleicht bewegen sich die Markenhersteller ja bei sinkendem Shareholder Value.

Hewlett-Packard wacht wieder auf

Hewlett-Packard war lange Zeit der Good Guy unter den Kritikern der Arbeitsbedingungen in der IT-Industrie, denn HP hat als erste Markenfirma überhaupt die Liste ihrer Zulieferer veröffentlicht und soll vergleichsweise offen und transparent gewesen sein – so die Erzählungen von Aktiven aus Deutschland.Seit der Krise ihres PC-Geschäfts ist es um HP aber still geworden. Nun melden sie sich zurück mit der Pressemeldung, dass sie das strengste Kontrollsystem der Branche einsetzen wollen, um die Ausbeutung von Schülern und Studenten in ihren Pflichtpraktika als auch während Ferienjobs zu beenden. Dieser Aspekt ist in den letzten Monaten oft als „Kinderarbeit“ diskutiert worden. Es scheint nicht unüblich, Praktikanten die gleiche (Schicht-)Arbeit machen zu lassen wie sie die Angestellten verrichten.

In der taz findet man eine Zusammenfassung der HP-Initiative.

Gewerkschaftsfreiheit im Apple-Bericht

GoodElectronics, ein Zusammenschluss von Gewerkschaften und NROs zum Thema faire und grüne Elektronik hat ebenfalls eine Analyse des Apple-Zuliefererberichts veröffentlicht. Die Kritik von GoodElectronics zielt vor allem auf Apples Einschätzung der Einhaltung von Apples Verhaltenskodex in Sachen Gewerkschaftsfreiheit. Die liegt nämlich bei sagenhaften 98%, d.h. Apple hat kaum etwas auszusetzen. Mehr als die Zahl ist in dem Bericht leider nicht zu finden.Die Zahl ist verwunderlich, denn

  • in z.B. China gibt es gar keine freien Arbeitnehmervertretungen. Alle Betriebsräte sind Mitglied des parteistaatlichen Gewerkschaftsverbandes AFCTU.
  • in der Regel sind die meisten Betriebsratsmitglieder aus dem Management der Firma
  • oft wissen die Arbeiter gar nichts von einem Betriebsrat oder vertrauen der angebotenen Hotline nicht (wegen Punkt 2) und kennen allenfalls die politikfreien Freizeitangebote.

Wenn man sich Apples Verhaltenskodex allerdings anschaut wird’s klarer:

  • Es geht lediglich um Nichtdiskriminierung von Gewerkschaftsmitgliedern. Beispiel China: Die Mitarbeiter sind oft ohne ihr Wissen und Zustimmung sogar automatisch Gewerkschaftsmitglieder (und zahlen einen Teil ihres Lohns), also besteht gar kein Problem.
  • Es geht gar nicht um die Art und Macht der Gewerkschaft, z.B. ob sie Kollektivverhandlungen durchführen kann o.ä.
  • Es wird ansonsten auf Einhaltung der lokalen Gesetze verwiesen.

Dass die Gesetze in vielen Ländern – vor allen in den Freihandelszonen – nicht ausreichen, um so was wie Vereinigungsfreiheit zu erlauben oder wirksam zu machen, ist dann bei GoodElectronics zu lesen.

GoodElectronics hat also recht; zu kritisieren sind allerdings Apples unzureichenden Anforderungen an die Zulieferer.

Dazu passt die Nachricht, dass Foxconn Wahlen für eine gewerkschaftliche Vertretung vorbereitet, die sich alle 5 Jahre wiederholen sollen. Hier dürfte Apple mittels der beauftragten Fair Labor Association einiges bewegt haben. Foxconn soll selbst zugegeben haben, dass der bisherige Betriebsrat weder demokratisch noch repräsentativ war.

Die Details sind allerdings noch unklar, ein Urteil kann man jetzt noch nicht fällen. Die Modalitäten der Wahlen sind noch nicht bekannt, und freie Arbeitnehmervertretungen kann es in China schon per Gesetz nicht geben. Vergangene Versuche anderer Firmen seien gescheitert, sagen Beobachter.

Foxconn und seine Zulieferer hatten in jüngster Zeit vermehrt mit Streiks zu schaffen gehabt, so zumindest die Meldungen, die uns erreichen, siehe u.a. www.sacom.hk/archives/971, www.zdnet.de/88139355/erneut-unruhen-bei-apple-lieferant-in-china/ und www.goodelectronics.org/news-en/foxconn-workers-in-beijing-china-on-strike-over-end-of-year-bonus-and-payrise

ARD: Der Apple-Check

Unter http://www.ardmediathek.de/das-erste/reportage-dokumentation/der-apple-check?documentId=13296480 findet ihr den ARD-Beitrag „Der Apple-Check“. Ab Minute 31 wird über Foxconn, Riteng (Teil von Pegatron), QSMC (kannte ich noch nicht) und mindestens einem weiteren, ungenannten Zulieferbetrieb berichtet. In letzterem wurde sogar gefilmt. Es ist ungewöhnlich, dass die (Handy-?)Kamera nicht entdeckt wurde. Wir sehen die Bestätigung dessen, was seit mehreren Jahren berichtet wird, gut zusammengefasst.

Die Akte Samsung

Der folgende Artikel ist Herbst 2012 in der FIfF-Kommunikation 3/12 erschienen.

Unfaire Arbeitsbedingungen auch beim Allesanbieter

Die öffentliche Kritik an unfairen Arbeitsbedingungen bei der Produktion von Computern hat sich in den vergangenen Monaten auf den Fertiger Foxconn und dessen Auftraggeber Apple konzentriert. Foxconn ist zwar der größte Kontraktfertiger, aber nicht der einzige, und Apple zwar dessen größter, aber nicht der einzige Kunde. Wollen wir also das Augenmerk auch auf andere lenken, und wer liegt da näher als Samsung: bei Handys, Smart-Phones, Speicherchips und LCD-TVs auf Rekordkurs.

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