Die Kolumne „Betrifft: Faire Computer“ erscheint regelmäßig in der FIfF-Kommunikation. Es geht kurz und knapp um die News in Sachen Faire IT des letzten Vierteljahres. Diese hier erschien in der Ausgabe 1/2014 und berichtet aus den Monaten November 2013 bis Januar 2014. Auch die anderen Kolumnenausgaben findet ihr hier im Blog.
In den letzten drei Monaten wurde über die Fairness von Computern ungewöhnlich viel diskutiert. Das Thema ist inzwischen so weit, einen Schwerpunkt sogar in der c’t zu bekommen. Dort erschien in der Ausgabe 4/2014 neben einem Überblick „Gibt es ethische Elektronik?“ eine Produktvorstellung, ein Herstellervergleich in Sachen Transparenz, Berichte über Fertigung in Deutschland und über das TCO-Siegel.
Vor allem hat die Diskussion aber das Fairphone angefacht. Zunächst: Alle Käufer haben ihre Geräte inzwischen bekommen. Diskutiert wurde, wie fair das Gerät eigentlich sei. Fairphone hat einen Audit des Herstellers A’Hong veröffentlicht, der zwar schon erste Verbesserungen beim Schutz jugendlicher Arbeiter, den Arbeitszeiten und der Arbeitssicherheit auflistet, insgesamt jedoch enttäuschte, liest sich vieles doch wie bei den Großen der Branche auch. Ein Apple-Fan rechnete in seinem schnell verbreiteten Blog-Beitrag vor, dass man bei Foxconn, dem großen Fertiger im Auftrage u.a. von Apple, doppelt so viel verdiene wie beim weithin unbekannten Produzenten des Fairphone. Er vergaß dabei allerdings den workers welfare fund, in den durch den Verkauf der Fairphones reichlich Geld geflossen ist, über das ein Gremium unter Beteiligung der Arbeiterinnen und Arbeiter bestimmen kann. So viel Verbesserung in der Fairness, wie einige wohl vermutet haben, kann das Fairphone aber tatsächlich nicht vorweisen, und ein Vergleich mit den Multis der Branche ist durchaus berechtigt. Ein Anfang für ein ethically sourced Smartphone ist aber gemacht und der Erfolg des kleinen Unternehmens beachtlich. Es hat eine zweite Version zur Jahresmitte in Aussicht gestellt.
Ein weiterer Aufreger war die öffentlichkeitswirksame Ankündigung auf der CES in Las Vegas von Intel, ab sofort nur noch Prozessoren mit ausschließlich konfliktfreien Rohstoffen herzustellen. Damit hat es das Thema nun endgültig in den Mainstream geschafft. Es bleibt aber zu bedenken: Der Begriff der Konfliktmineralien bezieht sich seit entsprechender US-amerikanischer Gesetzgebung lediglich auf die Metalle Zinn, Wolfram, Tantal und Gold, und es bedeutet leider nicht, dass durch bewaffnete Konflikte belastete Erzminengebiete nun befriedet worden wären, sondern in aller Regel letztlich, dass die Rohstoffe nun in Ländern gekauft werden, in denen gar keinen Bürgerkrieg herrscht, etwa Australien, Brasilien oder Südafrika. Ab Mai müssen alle US-börsennotierten Hersteller offen legen, ob sie Konfliktmineralien in ihren Produkten haben könnten, und wenn ja, wie sie versucht haben, dies zu vermeiden. Gegen die Umsetzung des US-Gesetzes läuft übrigens noch ein Klageverfahren von Unternehmensverbänden. Und wer ist dort unter anderem Mitglied? Genau, Intel.
Das dritte große Thema war wieder mal Apple, genauer: die Fair Labor Association (FLA), die in Auftrag von Apple drei Betriebe des iPhone- und iPad-Zusammenbauers Foxconn untersucht hatte und nun ihren Abschlussbericht der Audits bei Foxconn präsentierte. Die FLA berichtet dort von neuen Fortschritten, bemängelt aber weiterhin die langen Arbeitszeiten. Nahe liegende Fragen zu Gehalt, unbezahlter Arbeit und den versprochenen, aber nicht durchgeführten freien Betriebsratswahlen beantwortet der Bericht nicht. Und nicht nur Foxconn, sondern auch dessen Zulieferer haben etwas zu verbergen. So haben Initiativen rund um das neue NGO-Projekt Electronics Watch einen investigativen Bericht über einen der Touchscreen-Hersteller des iPhone veröffentlicht, Biel Crystal, mit Arbeitsrechtsverletzungen, die man hoffte schon überwunden zu haben.
Nager IT, Hersteller der fairsten aller Computermäuse – bislang sind etwa 3000 Stück verkauft – hat seinen Trip nach China beendet und Einblicke in die Herstellung des USB-Kabels bekommen. Die öffentlich dokumentierte Transparenz der Lieferkette ist damit noch mal erweitert worden, greifbare Folgen des Besuchs gibt es aber noch nicht. Derweil hat Nager-IT selbst herausbekommen, dass ein kleiner Teil des Zinns in der Maus aus Bangka, Indonesien kommt, ein Abbaugebiet mit dokumentierten Verletzungen von Arbeitnehmer- und Menschenrechten. Sie wollen nun nach anderen Quellen suchen. Man sollte ergänzen: Zinn aus Bangka ist potenziell in allen Geräten von Samsung, Apple und vielleicht sogar dem vom Namen her fairen Fairphone. Konsequenzen hat bislang niemand gezogen.
Apropos Samsung: Der Marktführer verlässt das zunehmend teure China und baut eine große Fabrik in Vietnam. Auf der Baustelle gab es Ausschreitungen. China Labor Watch berichtet in einer Veröffentlichung über Samsungs Zulieferer Samkwang von unmenschlich hohem Leistungsdruck. Nach dem Selbstmord eines Kollegen kritisiert ein weltweiter Gewerkschaftsverbund Samsungs gewerkschaftsfeindliche Politik. Die Klagen gegen den Konzern in Brasilien über Arbeitsbedingungen und in Frankreich über Kinderarbeit dauern ohne neue Nachrichten an.
Warum gibt es hier immer nur schlechte Nachrichten? Die Szene ist noch sehr damit beschäftigt, unfaire Zustände aufzudecken. Ist es eine gute Nachricht, dass sich in China zunehmend Streiks formieren, im vergangenen Quartal auch bei Nokia und Chiphersteller ASM, bei letzterem mit einigem Verhandlungserfolg? Ist es beruhigend zu vernehmen, dass TCO Nägel mit Köpfen macht und dem Hersteller SIS Display ihr Siegel entzogen hat wegen fehlenden Nachweisen bei der Sozialverträglichkeit? Dass Foxconn in Tschechien zu „sagenhaften“ 18.000 Euro verurteilt wurde wegen Verstößen gegen das Arbeitsgesetz? Wir sollten vielleicht zunehmend die positiven Beispiele hervorheben: die Ansätze von Nager IT und Fairphone, die Verbesserungen die Apple immerhin eingeleitet hat, überhaupt, dass konfliktfreie Wege der Rohstoffe und die Auftragslage in der Kontraktfertigung die Lebenssituation mancher Menschen in Kongo und China doch schließlich verbessert haben.
(Wen die Quellennachweise interessieren schreibe einfach eine Mail an fairit @ fiff .de)
Ich finde die Idee von dem Fairphone sehr gut. Ob man aber wirklich bis in den kleinsten Winkel dahinter schauen kann, bleibt fragwürdig. Das gilt egal für Touchscreen Hersteller oder auch Leiterplattenbestücker. Im Grunde genommen ist es eine Frage des Geldes. Leider
Transparenz ist einfach alles!
Na ja mal sehen, die Idee ist schon mal gut.
Wer das glaubt, hmmm.
Smartphones haben Computer sicherlich schon überholt